Die Arbeit des PRO BAHN Arbeitskreises Walpertskirchen
seit 1989 – eine Erfolgsbilanz

 

Das Ziel der Bahn in den 1980-er Jahren:
Die Schließung des Haltepunkts Walpertskirchen

Ihr Aufstreben und Wachstum verdankt die Gemeinde Walpertskirchen zu einem sehr wesentlichen Anteil ihrem Bahnanschluss. Doch ist das Zugangebot schlecht, bleiben die Fahrgäste aus - diese Binsenweisheit galt spätestens seit Mitte der 1980er Jahre auch für den Bahnhaltepunkt Walpertskirchen, wurde er doch von Fahrplanperiode zu Fahrplanperiode mit immer weniger Zügen bedient. Damit war der gefürchtete Teufelskreis in Gang gekommen: Immer mehr Fahrgäste wanderten wegen des schlechten Zugangebots ab, worauf die Bahn den Fahrgastrückgang zum Anlass nahm, das Zugangebot noch weiter auszudünnen, mit der Folge, dass noch weniger Fahrgäste den Haltepunkt frequentierten. – Am Ende einer solchen Entwicklung steht, wie viele Beispiele andernorts zeigen, die Stilllegung der Bahnstation mangels Wirtschaftlichkeit, womit der Ort diese wertvolle Verkehrsinfrastruktureinrichtung verloren hat.

Angesichts dieser Misere entschlossen sich drei Gemeindebürger, der drohenden Gefahr einer Schließung des Bahnhaltepunkts aufgrund seiner rückläufigen Inanspruchnahme nicht mehr länger tatenlos zuzusehen. Diese drei - Hans Ruppert, Rudi Sommer und Karl Bürger gründeten im Juli 1989 den PRO BAHN Arbeitskreis Walpertskirchen. Es handelt sich dabei um eine örtlich aktive Basisgruppe des bundesweit organisierten Fahrgastverbands PRO BAHN e.V., die sich die Erhaltung der Walpertskirchener Bahnstation mit einem akzeptablen Zugangebot zur Aufgabe gemacht hat. Hinsichtlich dieser Aufgabenstellung arbeitet der PRO BAHN Arbeitskreis seit 1990 eng mit der Gemeinde Walpertskirchen zusammen und berät sie in allen diesbezüglichen fachlichen Fragen.

 

Das Zug„angebot“ 1989:

Mit dem am 2. Juni 1991 in Kraft getretenen „Jahrhundertfahrplan“, wie ihn die damalige Deutsche Bundesbahn anlässlich des damit eingeführten ICE werbewirksam propagierte, erreichte die seit Jahren vernachlässigte Bedienung des Bahnhaltepunkts Walpertskirchen ihren traurigen Rekord. Unter anderem mutete der Fahrplan den Bahnkunden bei zwei Zügen Richtung München eine Umsteigezeit in Markt Schwaben von fast einer halben Stunde zu. Der PRO BAHN Arbeitskreis legte deshalb am 18. November 1991 eine Ausarbeitung zur Verbesserung des unbefriedigenden Zugangebots vor. Die darin enthaltenen Vorschläge blieben jedoch in der nächsten Fahrplanperiode, gültig ab 31. Mai 1992, völlig unberücksichtigt. Daraufhin erstellte der Leiter des Arbeitskreises, Karl Bürger, eine wesentlich detailliertere Ausarbeitung, die er mit einem grafischen Fahrplan (Weg-Zeit-Diagramm, sog. Bildfahrplan) ergänzte, um die Realisierbarkeit der weitgehend kostenneutralen Angebotsverbesserungen zu belegen. Die 41 Seiten umfassende Ausarbeitung wurde am 31. Oktober 1992 der damaligen Bundesbahndirektion München vorgelegt. Was niemand so recht glauben mochte trat ein: Fast alle Vorschläge des Arbeitskreises wurden in den ab 23. Mai 1993 gültigen Fahrplan eingearbeitet!

Der „Jahrhundertfahrplan“, gültig vom 02.06.1991 bis 30.05.1992 – welch armseliges Zug„angebot“:

Züge Richtung München

Verkehrstage

Abfahrt Walpertskirchen

Umsteigezeit in Markt Schwaben

Ankunft
München Ost

Mo – Fr

5.36

 

6.05

Sa

5.36

12 Min.

6.21

Mo – Fr

6.40

 

7.05

Mo – Sa

7.36

7 Min.

8.21

Mo – Fr

9.20

28 Min.

10.21

Mo – Fr

13.24

26 Min.

14.21

Mo – Sa

17.19

6 Min.

18.01

Täglich

18.14

 

18.41

 

Züge zur Rückfahrt aus München

Verkehrstage

Abfahrt
München Ost

Umsteigezeit in Markt Schwaben

Ankunft
Walpertskirchen

Mo – Fr

7.48

15 Min.

8.36

Mo – Sa

9.28

4 Min.

10.08

Mo – Fr

13.28

6 Min.

14.09

Mo – Fr

14.48

6 Min.

15.25

Mo – Sa

16.20

 

16.49

Mo – Sa

17.04

 

17.29

Mo – Sa

17.48

3 Min.

18.23

Mo – Fr

18.48

10 Min.

19.35

Mo – Fr

20.08

3 Min.

20.43

 

 

Zugangebot 1993 – erste Verbesserungen

 

Jahresfahrplan 1993/94, gültig vom 23.05.1993 bis 28.05.1994:

Züge Richtung München

Verkehrstage

Abfahrt Walpertskirchen

Umsteigezeit in Markt Schwaben

Ankunft
München Ost

Mo – Sa

  5.38

 

  6.01

Mo – Fr

  6.38

 

  7.05

Mo – Sa

  7.36

7 Min.

  8.21

Mo – Fr

  8.36

7 Min.

  9.21

So + Feiertage

10.07

 

10.28

Mo – Fr

13.36

7 Min.

14.21

nur Fr

14.36

7 Min.

15.21

Mo – Do

14.56

9 Min.

15.28

Mo – Sa

17.17

7 Min.

18.01

Mo – Fr

18.12

 

18.41

Mo – Fr

18.56

9 Min.

19.28

Mo – Fr

20.06

4 Min.

20.41

 

Züge zur Rückfahrt aus München

Verkehrstage

Abfahrt
München Ost

Umsteigezeit in Markt Schwaben

Ankunft
Walpertskirchen

Mo – Fr

  7.28

  9 Min.

  8.12

Mo – Sa

  9.28

  9 Min.

10.12

Mo – Fr

13.28

  9 Min.

14.12

Mo – Fr

14.48

  5 Min.

15.24

Mo – Sa

16.20

 

16.49

Mo – Fr

17.05

 

17.29

Sa, So + Feiert.

17.45

 

18.12

Mo – Sa

17.48

  3 Min.

18.22, Sa 18.25

Mo – Fr

18.48

10 Min.

19.32

Sa, So + Feiert.

19.45

 

20.07

Mo – Fr

20.08

  3 Min.

20.42

Täglich

21.43

 

22.05 SoF 22.12

Täglich

23.50

 

0.12

 

Jede Stunde ein Zug in jede Richtung – dieses von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie ausgearbeitete und seit dem 2. Juni 1996 unter dem Namen „Bayern-Takt“ sehr erfolgreich umgesetzte Konzept beweist seither, dass die Fahrgastzahlen durch ein gutes Zugangebot mit leicht merkbaren Fahrzeiten erheblich steigen. Der Haltepunkt Walpertskirchen jedoch partizipierte nicht davon, was den Vorsitzenden des PRO BAHN Arbeitskreises erneut veranlasste, einen umfassenden Fahrplanvorschlag zur Realisierung der Bedienung des Haltepunkts Walpertskirchen im Stundentakt auszuarbeiten.

Im Oktober 1996 wurde diese sehr detaillierte Ausarbeitung den maßgeblichen Stellen vorgelegt. Beeindruckt von der Sachkompetenz, die eine derartige Arbeit erfordert, äußerte sich hierzu der zuständige Geschäftsbereich Nahverkehr der Deutschen Bahn AG sehr anerkennend. Zwar konnte damit eine Taktbedienung des Haltepunkts Walpertskirchen noch nicht erreicht werden, aber die Mühen waren nicht völlig vergeblich: Mit dem Inkrafttreten des Jahresfahrplans 1998/99 am 24. Mai 1998 wurde das Zugangebot um zwei zusätzliche Züge Richtung München (Abfahrt 10.55 Uhr und 12.55 Uhr) sowie um einen Zug in der Gegenrichtung (Ankunft 11.51 Uhr) bereichert. Eine weitere Verbesserung konnte im ab dem 30. Mai 1999 geltenden Fahrplan dadurch erreicht werden, dass nun an Sonn- und Feiertagen morgens um 7.03 Uhr ein Zug nach München hielt. Damit waren nach 13 Jahren wieder Tagesausflüge möglich.

 

Zugangebot 2002 – Zweistundentakt täglich!

Den absoluten Durchbruch in der Verbesserung des Zugangebots vollzog der am 15. Dezember 2002 in Kraft getretene Fahrplan. Er brachte eine Bedienung unseres Haltepunkts, von der man Jahrzehnte vorher nur träumen konnte: Den Zweistundentakt an allen sieben Wochentagen! Vorbei war damit auch das umständliche und zeitraubende Umsteigen in Markt Schwaben.

 

Zugangebot heute

 

Die Verbesserungen im Zugangebot wurden erreicht durch:

 

Erscheinungsbild und Zustand des Bahnhaltepunkts Walpertskirchen 1989:

Trostlos, Graffiti-Schmierereien, Dreck.
Ein Schandfleck mitten im Ort, wie die Bilder zeigen:

 

 

Bahnhofs-Patenschaft des PRO BAHN-Arbeitskreises seit 1997

Im Sommer 1997 übernahm der PRO BAHN Arbeitskreis in Absprache mit dem damals zuständigen Bahnhofsmanagement München-Ost der Deutschen Bahn AG eine Patenschaft für den Haltepunkt mit dem Ziel,

Im Wartehäuschen wurden sechs weitere Informationsvitrinen montiert. Die Gestaltung und Pflege der Aushänge obliegt seither dem PRO BAHN Arbeitskreis.

 

Pflege des Bahnareals durch den PRO BAHN Arbeitskreis seit 1998


Als die DB im November 1993, nachdem Walpertskirchen als Wagenladungstarifpunkt geschlossen worden war, die Weichenverbindung vom Lade- zum Streckengleis ausgebaut hatte, blieben die Schwellen neben dem Gleis liegen. In Absprache mit der damaligen Bahnmeisterei Mühldorf machte sich der PRO BAHN Arbeitskreis m Frühjahr 1998 mit etlichen Helfern daran, diese Schwellen zu Einfassungen von Blumenrabatten zu verarbeiten. Die Blumenrabatten wurden auf der Grünfläche des Bahngeländes angelegt. Damit waren zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: die unschönen Schwellenstapel waren verschwunden und fünf attraktive Rabatten schaffen vom Frühjahr bis weit in den Herbst eine sehr angenehme Atmosphäre. Die Kosten für die Beschaffung der Erstbepflanzung übernahm die Gemeinde. Die weitere gärtnerische Pflege liegt seither in den fachkundigen Händen des PRO BAHN Arbeitskreises. Die Blumen stiftet dankenswerterweise jedes Jahr die örtliche Gärtnerei Aust. Hierfür sei ihr an dieser Stelle herzlichst gedankt.

Zum 130-jährigen Jubiläum der Walpertskirchener Bahnstation am 1. Mai 2001 nahm der PRO BAHN Arbeitskreis in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und unter tatkräftiger Hilfe des 1. Bürgermeisters Georg Heilmeier die Renovierung des Wartehäuschens in Angriff. Der Bürgermeister übernahm dabei höchstpersönlich einige knifflige Malerarbeiten. Nach mehr als 60 unentgeltlich geleisteten Arbeitsstunden bietet der Haltepunkt Walpertskirchen seinen Fahrgästen ein sehr gefälliges Wartehäuschen im aktuellen DB-Design in den Farbtönen verkehrsrot, lichtgrau und nachtblau.

Der Bahnhof am 1. Mai 2001 –  auf den Tag genau 130 Jahre alt:

 

Verlängerung des Bahnsteigs durch die Gemeinde in Eigenregie

Voraussetzung, dass Züge mit neun Doppelstockwagen halten können

Die ursprüngliche Bahnsteiglänge von 210 m hätte zur Folge gehabt, dass Züge mit neun Doppelstockwagen nicht hätten halten können. Auf Vorschlag des PRO BAHN Arbeitskreises beschloss der Gemeinderat am 12. September 2002 einstimmig, den Bahnsteig auf die erforderliche Länge nach den Vorgaben der Bahn verlängern zu lassen. Um die Kosten des Bauvorhabens – angesichts des geplanten zweigleisigen Ausbaus ohnehin ein Provisorium – gering zu halten, wurde beschlossen, die Bauarbeiten in Eigenregie (durch Mitarbeiter des Gemeindebauhofs und ehrenamtliche Helfer) durchzuführen.

Nach vielen Abstimmungen mit den zuständigen Stellen der DB Station & Service AG, der DB Netz AG und der DB Immobilien Services GmbH und einigen Ortsterminen konnten am 5. November 2003 die Bauarbeiten beginnen. Besonderer Dank gilt hierbei der Südostbayernbahn, die durch unbürokratische Unterstützung entscheidend mithalf, das Bauvorhaben nach fast 14 Monaten auszuführen.

Die Bahnsteigkante wurde um 38 m Richtung Westen verlängert, wobei Betonformstücke mit einer Länge von zwei Metern, gehalten von eingerammten Altschienen, verwendet wurden. Der verfüllte Kiesunterbau erhielt eine Teerschicht, außerdem wurde ein neuer, geteerter Zugang für zum Bahnsteig angelegt. Der 2,20 m breite Bahnsteig ist nun 248 m lang und damit für alle auf der Strecke verkehrenden Züge geeignet.

Setzen der Bahnsteigkante aus Betonform- und Altschienenstücken in der Nacht 04./05.11.2003

Aufbringen der Teerschicht am 11.11.2003

 

 

 

Sehr ansprechend erscheint der Haltepunkt durch regelmäßige gärtnerische Pflege der Blumenrabatten und der Grünflächen.

 

Verleihung des Bayerischen Nahverkehrspreises an die Gemeinde Walpertskirchen 2006

Auf Vorschlag des PRO BAHN Arbeitskreises bewarb sich die Gemeinde Walpertskirchen im Januar 2006 um den von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie ausgelobten Bayerischen ÖPNV-Preis. Die umfassenden Bewerbungsunterlagen arbeitete der Vorsitzende des Arbeitskreises aus – mit Erfolg. Am 23. März 2006 konnte 1. Bürgermeister Heilmeier den Preis in Empfang nehmen:

von links: Fritz Czeschka, Geschäftsführer der BEG, Karl Bürger, Vorsitzender des PRO BAHN Arbeitskreises Walpertskirchen, Georg Heilmeier, 1. Bürgermeister, Erwin Huber, Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

 

Zur Begründung der Preisvergabe führte das Staatsministeriums Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie aus:

„Der ÖPNV-Preis geht in diesem Jahr an die Gemeinde Walpertskirchen für die Maßnahme

Umfassende Aufwertung der Bahnstation Walpertskirchen mit einfachen Mitteln und ehrenamtlichem Engagement.

Mit viel ehrenamtlichem Engagement und Unterstützung von PRO BAHN sowie der Südostbayernbahn (SOB) wurden verschiedene Sanierungsmaßnahmen umgesetzt: So wurde in Eigenregie der Bahnsteig verlängert, damit auch lange und von der Fahrzeit sehr interessante Berufsverkehrszüge der SOB zusätzlich halten können. Darüber hinaus haben viele ehrenamtliche Helfer Plakatvitrinen angebracht, Blumenrabatten angelegt, einen neuen Fußweg zum Bahnsteig gebaut sowie das Wartehäuschen renoviert. Selbst Bürgermeister Heilmeier hat mitgeholfen, den Sicherheitsstreifen aufzubringen. Die laufende Pflege der Station durch die Gemeinde und deren Bürger sorgen für ein fortwährend attraktives Erscheinungsbild“.

 

2008: Der Eigentümer, die DB Station & Service AG, investiert wieder!

Nach Jahrzehnten wurden 2008 am Haltepunkt Walpertskirchen wieder bauliche Investitionen vorgenommen. Es wurden 31 neue Lampen aufgestellt und der gesamte Bahnsteig neu geteert.

Diese Investition zeigt, dass Walpertskirchen anerkannt ist

 

Unsere Ziele für die Zukunft